Herr Hanschmidt, welchen Stellenwert haben Ausbilder heute? Werden sie gut geschult und betreut?
Ausbilder haben schon immer eine wichtige Position gehabt. Ihre besondere Verantwortung besteht neben dem Fachlichen und den betrieblichen Interessen darin, jungen Menschen ihre ersten prägenden Berufserfahrungen zu ermöglichen. Nun ist aber Vieles in Bewegung und nicht wenige Unternehmen haben dies jetzt adaptiert. Auf viele der gegenwärtigen Herausforderungen gibt es aber zunächst keine kausalen Antworten oder Instrumente. Da wären die veränderte Marktlage, der Wandel in der Attraktivität bestimmter Berufsbilder, Reifeverzögerungen und nicht zuletzt eine Ausdifferenzierung der Ausbildungsberufe. Man muss halt nach dem Prinzip Versuch-und-Irrtum vorgehen, da die jungen Menschen trotz aller vermeintlichen Generationsmerkmale individuell sind. Dazu müsste in „Ausbildungen der Ausbilder“ beispielsweise mehr Haltungs- und Verstehensarbeit und Hilfe im Nähe-Distanz-Verhalten stattfinden. Das Ganze an praxisnahen Beispielsituationen. In unseren Workshops erlebe ich hier in allen Branchen viel guten Willen aber auch eine große Verunsicherung. 

Mit welchen Herausforderungen sehen sich Ausbilder im Alltag konfrontiert?
Ausbilder werden in der Außensicht als eine eigene Berufsgruppe wahrgenommen. Dabei sind Ausbilder meist Mitarbeiter oder Führungskräfte des Unternehmens, die den Ausbilder-Job neben ihren normalen Aufgaben erledigen. Hier wird echt viel geleistet. Aktuell verändern sich in hohem Tempo die Rahmenbedingungen und die Zielgruppe der Auszubildenden erfordert veränderte Kompetenzen. Dadurch nimmt im Unternehmen die Notwendigkeit zu, der Ausbildung mehr Raum zu geben. Es geht vorwiegend immer noch um junge Leute die das alles zum ersten Mal machen. Die Liste der Herausforderungen ist lang und die Bandbreite ist deutlich gewachsen. Ausbildungsgruppen umfassen heute eine Altersspanne von 16 bis 28 Jahren. Leistungsfähige Auszubildende langweilen sich schnell, Andere brauchen plötzlich mal eben eine emotionale Unterstützung, ein Dritter quält sich durch die Berufsschule, Studienabbrecher lecken ihre Wunden. 

Was muss man bei der Ansprache der Generation Z beachten?
Nichts Spezielles, denn „Generation Z“ ist eher ein Modebegriff als die Bezeichnung für eine abgrenzbare Gruppe. Es geht um junge Leute, deren Lebenslage und deren Lebensentwürfe sich von denen früherer Generationen unterscheiden. Dazu gehört beispielsweise zu akzeptieren, dass Arbeit und Ausbildung nicht immer die erste Geige spielen und stärker als früher in das Gesamtkonzept persönlicher Werte und Interessen eingebettet werden müssen. Die gelebte Akzeptanz dieses „Andersseins“ finde ich übrigens wichtiger als eine sogenannte „jugendgerechte Ansprache“. Jugendlich sind die Auszubildenden selbst und darin in der Regel auch besser als wir. Ein positives Bild vom Erwachsensein kann man vor allem dadurch vermitteln dass man beweist, den jugendlichen Alltag und die jugendlichen Nöte zu kennen. Gleichzeitig ist man fähig, auf den gleichen Kanälen zu senden wie sie, allerdings ohne sich selbst dabei zum scheinjugendlichen Affen zu machen. Lebenslage eben. Zudem finde ich Authentizität wichtig. Alle Berufsfelder haben Chancen und auch Grenzen. Einen reinen Wettbewerb der Chancen finde ich unehrlich, denn gefühlt steht man hinterher als jemand da, der mehr versprochen hat als er halten konnte. Besser ist es, frühzeitig Erfahrungen mit Abgrenzung und Kritik zu machen und dabei zu lernen, dass Schwächen dazu da sind sich zu verbessern. 

Was heißt „erfolgreich ausbilden“ für Sie?
Haben Sie Tipps für die Praxis, die Ausbilder gleich umsetzen können?

Dazu im Moment vielleicht nur diese beiden Gedanken:

1. Die Ausbildung nicht als einen isolierten oder geschlossenen Bereich sehen. Was war davor und was kommt danach? Eine Partnerschule kann viele gute Vorinformationen geben, wenn man gut im Kontakt ist. Man kann dann schnell helfen oder sich schon vor der Entstehung von Problemen darauf einstellen.

2. Wenn wir eine differenzierte variantenreiche Ausbildung haben, wie schaffen wir es dann, die jungen Leute zu halten und nicht in ein schwarzes Alltagsloch zu stoßen. Die Bedürfnisse bleiben ja doch oft gleich. Wir benötigen also Förderformate, die den jungen Menschen dabei helfen, ihre Entwicklungsaufgaben zu lösen und zwar auch dann, wenn der gesellschaftliche Status dadurch nicht gleich ansteigt.

Bei meinen Eltern war das noch klar getrennt: Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Heute mischen sich die Lebensthemen in allen Bereichen. Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Arbeitsplatz und Privatbereich verschwimmt zusehends, Privates wird öffentlich und umgekehrt. Damit müssen wir umzugehen lernen, sonst werden wir viele Leute mit Potenzial verlieren.

Zuletzt noch Folgendes: Der Markt ist recht eng, und wenn man wenig Bewerbungen hat oder auch mal Auszubildende verliert, dann ist man noch nicht gleich ein schlechter Ausbilder oder ein unattraktives Unternehmen. In der Bundesliga können auch alle kicken, aber in der Tabelle steht man ab und zu auch mal unten. Kann passieren. Nur die Mannschaft, die dann in Ich-Denken und Zweifel zerfällt, steigt ab.

Danke für das Gespräch!

Michael Hanschmidt ist gelernter Erzieher und Sozialarbeiter. In 2002 gründete er das Kölner Büro für Zukunft. Er kennt sich bestens mit Ausbildern und Azubis und der gelungenen Kommunikation zwischen beiden Gruppen aus. Seine Workshops sind spannend, interaktiv und stets für eine Überraschung gut.

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